30. Juli 2018 von Claudia Rejlek

Neuseeland

Opfer häuslicher Gewalt bekommen zehn Tage bezahlten Urlaub

Im April 2019 soll ein Gesetz in Kraft treten, das Menschen, die häusliche Gewalt erleiden mussten, zehn Tage bezahlten Urlaub einräumt. Warum gerade in Neuseeland und was sind die Vor- und Nachteile dieses Gesetzes?

Gewalt an der Tagesordnung

Laut dem Bundeskriminalamt hat jede vierte Frau in Deutschland einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Partnerschaftsgewalt erlebt. In Österreich ist schätzungsweise jede fünfte Frau betroffen. Die Dunkelziffer ist unbekannt. In Neuseeland ist im Vergleich zu anderen Industrieländern die Zahl an Fällen häuslicher Gewalt ganz besonders hoch. Mindestens 80 Prozent der Gewalttaten werden nicht mal der Polizei gemeldet. Und das sind auch die Hauptgründe für das neue Gesetz. Dieses soll Opfern häuslicher Gewalt zehn Tage bezahlten Urlaub einräumen und am 1. April 2019 in Neuseeland in Kraft treten. Neben den zehn bezahlten Urlaubstagen, die unabhängig vom regulären Urlaub gewährt werden, soll es auch flexible Arbeitszeitmodelle geben. Das beinhaltet auch, dass man den Arbeitsort wechseln und die E-Mail-Adresse ändern kann sowie die Kontaktdaten auf der Firmenwebseite entfernt werden können (aus Schutz vor Stalking zum Beispiel). Außerdem ist eine Richtlinie geplant, die vorgibt, wie man mit Menschen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, am Arbeitsplatz umgehen soll.

Pro und Contra des geplanten Gesetzes

Inwiefern das Gesetz hilfreich ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Wichtiger als freie Tage sind definitiv professionelle Betreuung und Schutz vor häuslicher Gewalt. Eine kurze Urlaubsphase kann jedoch sehr sinnvoll sein, um sich nach den Geschehnissen neu zu sortieren und eine Beratung aufzusuchen.

 

Mit der neuen Regelung tauchen auch viele Fragen auf. Zum Beispiel, ob die häusliche Gewalt irgendwie nachgewiesen und ob eine Anzeige vorgelegt werden muss, um den Urlaub in Anspruch nehmen zu können. Sofern Betroffene in den bezahlten Urlaub gehen, wissen höchstwahrscheinlich auch Kollegen und Kolleginnen von dem Vorfall Bescheid. Nicht jede Person, die häusliche Gewalt erlitten hat, kann und will damit offen umgehen. Viele Betroffene schämen sich auch für das Geschehene und fühlen sich zusätzlich unter Druck, wenn Außenstehende davon in Kenntnis gesetzt wurden. Aber ob Opfer häuslicher Gewalt von dem Gesetz Gebrauch machen, liegt immer noch ganz allein bei ihnen selber. Dass sie aber die Möglichkeit haben, sich durch die neuen Richtlinien Unterstützung zu holen, ist auf jeden Fall ein wichtiger Schritt.

Was kann man tun, wenn man selber betroffen ist?

Ist man selber von häuslicher Gewalt betroffen oder kennt eine Person, die darunter leidet, so gibt es einige Stellen, an die man sich wenden kann. Die österreichische Frauenhelpline (Tel. 0800 222555) gegen Gewalt ist eine gute Anlaufstelle. Telefonisch kann man sich auch an den 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien wenden (Tel. 01 71719). Auf der Homepage der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser findet man eine Übersicht an Hilfsangeboten und Kontaktadressen (hier geht’s zur Homepage). Auf Gewaltinfo.at gibt es jede Menge weitere Stellen (nach Bundesland unterteilt), an die man sich jederzeit wenden kann.

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