Eine Sex-Studie sagt: Weniger Sex haben Paare, die mehr Gleichberechtigung leben.
8. Juli 2016 von Mareike Steger

Sex-Studie: Gleichberechtigt, dafür Flaute im Bett

Hoppala: Paare, die halbe-halbe im Haushalt machen, schlafen laut einer Sex-Studie seltener miteinander. So haben wir uns das aber nicht gedacht mit der Gleichberechtigung. Und nun?

Was eine Sex-Studie verrät

Es ist schon eine Crux mit dem Sex: Je länger wir zusammen sind, desto seltener sind wir scharf aufeinander. So weit, so schlecht. Jetzt kommt auch noch diese Sex-Studie daher, die besagt: Paare, die gleichberechtigt ihren Alltag leben, haben (noch) weniger Sex! Zwar ergeben andere Studien: Wer sich Küche und Kinder gleichberechtigt aufteilt, reibt sich seltener an Alltäglichem – und führt eine bessere Partnerschaft. Was aber fangen wir mit dem Ergebnis der Sex-Studie an? Wir haben vier Expertinnen und Experten um Rat gefragt.

Beziehungscoach Dominik Borde: „Paare sind nicht wegen der Hausarbeit, der Kindererziehung oder sonstigen Alltagsbesorgungen zusammengekommen. Leider vergessen viele darauf und arbeiten nur die alltäglichen Pflichten ab, statt gemeinsam etwas zu unternehmen. Und das killt auch die Lust. Also: Lieber öfter mal Sex haben statt an die Einkaufsliste denken. Es muss ja nicht immer ein romantischer Abend sein, manchmal reicht auch ein Quickie, um sich als Paar wieder richtig zu spüren. Und bewusst Zeit füreinander schaffen. Das heißt delegieren, wo immer es geht, z. B. an eine Haushaltshilfe oder auch mal einen Babysitter. Wo delegieren nicht geht: Unbedingt klare Rollen verteilen. Ein Mann, der sich als Meister der Wäsche sieht, wird keinen Hauch seiner Männlichkeit einbüßen. Umgekehrt müssen sich Frauen, die Unterstützung im Haushalt und einen Sexpartner in einer Person möchten, bewusst sein: Ihr Partner ist nicht die ausführende Hilfskraft. Dann wird halbe-halbe auch der Leidenschaft gut tun.“

 

Katharina Hinsch, systemische Psychotherapeutin, Psychologin und Klinische Sexologin: „Sex passiert heute nicht mehr selbstverständlich. Das ist nur noch in der Verliebtheitsphase so – und in traditionellen Beziehungen, in denen man tut, als sei Ehe = Liebe = Sex, und das so auch erfüllt. Anders in den egalitären Milieus. Bloß: Auch dort erwarten wir, dass Sex von selbst passiert. Tut es aber nicht. Denn wir sind heute hauptsächlich in Rollen unterwegs: als engagierte Arbeitnehmerin, liebende Mutter, gute Freundin … Explizit Körper sind wir hingegen nur im Fitnessstudio und eben in der Sexualität. Sonst gibt es in unser körperfremden Gesellschaft tagsüber kaum Momente, wo unser lebendiger, lustvoller Körper unsere Aufmerksamkeit bekommt. Und dann soll man plötzlich auf Knopfdruck Lust erleben? Das geht nicht. Also: Erwarten Sie nicht, dass Lust von alleine kommt. Überlegen Sie sich: Was will ich? Wofür habe ich Sex? Um Nähe oder gutes Körpergefühl zu bekommen? Mich auszudrücken? Liebe zu zeigen? Spannung abzubauen? Ist man eher passiv, im Sinne von ‚kriegen‘? Oder gibt man lieber? Davon ausgehend können Sie sich dann in das Abenteuer der Entdeckung Ihrer ganz persönlichen Sexualität stürzen, mit all ihren vielen Möglichkeiten.“

Dieter Schmutzer, Lebens- und Sozialberater: „Fakt ist: Menschen in fixen Beziehungen haben häufiger Sex als Singles. Und: Mit der Zeit lässt das sexuelle Interesse oft nach, der Alltag kehrt ein. Mag sein, dass bei manchen durch Haushaltsmithilfe das männliche Ego schrumpft und so die Lust sinkt (obwohl: Wer so tickt, lässt sich eher nicht darauf ein). Oder dass dadurch weniger Energie für Sex übrig bleibt (ja, so geht es Frauen auch). Meine Beobachtung – und daher mein Rat: Gleichberechtigung ist zeit- und energieökonomisch. Die so gewonnenen Ressourcen lassen sich auch sinnvoll und sinnlich nutzen – für Miteinander, Spaß, Reden, Sex …

Paar-Beraterin Sandra Teml-Jetter: „Meiner Erfahrung nach ist für ein Paar das Gefühl wichtig und tragend, ein Team zu sein. Das Gefühl also, dass der Paarteilnehmer für die Gestaltung und Qualität der Beziehung im verbalen und körperlichen Universum jeweils 100 Prozent Verantwortung übernimmt. Dieses Commitment muss nachjustiert werden, wenn sich die Lebensumstände verändern. Machen Sie sich aus, welche Verantwortung jeder von Ihnen für welche Alltagskompetenzen übernimmt. Das Gefühl des ‚Kein-Team-Seins‘ ist die mit weitem Abstand häufigste Ursache von Partnerschaftsproblemen wie Sexlosigkeit. Da sich viele Paare ohnehin nach den ersten sieben Jahren in einer emotionalen Fusion befinden, ist es schier unerträglich, noch mehr gemeinsam zu machen, sei es miteinander zu schlafen oder gemeinsam den Müll hinunterzutragen. Und: Sex in häuslicher Umgebung ist für so manche Mutter per se ein Abtörner, da der Rollenwechsel in den eigenen vier Wänden mitunter schwerfällt. Also: Fragen Sie sich, was Sie antörnt! Vielleicht ist es tatsächlich das Piepen der fertigen Waschmaschine – oder doch das Stundenhotel in der Stadt?“

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