Wer introviert ist, gibt sich ungern in Gruppen die Blöße.
19. September 2016 von Mareike Steger

Introvertiert? So machst du auf dich aufmerksam

Wer auf die leise Weise durch die Welt geht, wird selten gehört. Dabei ist es eine Stärke, introvertiert zu sein! So gehst du richtig damit um.

Schau nach innen, scheu nach außen

Eines vorab: Introvertiert sein ist nicht dasselbe wie Schüchternheit. Schüchterne Menschen würden gern mehr mit anderen in Kontakt treten und leiden darunter, dass sie so gehemmt sind. Introvertierte Menschen hingegen ziehen sich gern ins Alleinsein zurück, weil sie daraus Kraft schöpfen. Und sie reden sehr wohl gern mit anderen Menschen, aber sie sind eben keine Dampfplauderer – die meisten „Intros“ reden nur dann, wenn sie auch etwas zu sagen haben. Kurz: Sie mögen es, bei sich zu sein, in der inneren Welt ihrer Gedanken und Gefühle.

Bist du introvertiert?

In ihrem Buch „Auf die leise Weise“ (Gräfe + Unzer) zählt Anne Heintze auf, was Intros ausmacht. Etwa das:

  • Auf andere wirkst du schüchtern und zurückhaltend.
  • Du bist gern auch mal allein.
  • Arbeiten magst du am liebsten in Eigenregie.
  • Du magst es, dein Leben zu planen.
  • Über Gefühle zu reden, dich anderen zu öffnen fällt dir schwer.
  • Du bist empathisch, kannst gut zuhören.
  • Bevor du etwas tust, denkst du gründlich über die Handlung nach.
Auch wer introvertiert ist, kann lernen, sich zu öffnen und Gehör zu verschaffen.

Welche Stärken haben Intros?

In einer Umgebung, in der scheinbar nur den Lauten die Welt gehört, hat es ein Mensch, der introvertiert ist, natürlich schwer. Erst recht, wenn, wie Autorin Heintze schreibt, „das Ideal der extrovertierte Mensch zu sein“ scheint, weil der auffällt, sich durchsetzt und macht, was er will. „Dabei vergessen allerdings viele, dass die Stärken von ruhigen und leisen Menschen wirklich wichtig für unsere Gesellschaft sind.“ Das Wichtigste für einen Introvertierten ist also, zu wissen, welche Stärken leise Menschen haben.

Was Intros gut können? Nur mal so als Auszug: Sie lassen sich auf andere Menschen ein, hören ihnen gut zu. Dass ein Intro sein Gegenüber mit seiner Meinung überfährt, kommt nicht vor. Sie beobachten andere aufmerksam, wissen daher oft genau, wie es ihnen geht. Wer introvertiert ist, kann Schwierigkeiten gut mit sich selbst klären. Sie taktieren und manipulieren nicht, statt sich in den Mittelpunkt zu stellen, machen sie lieber ihren Job. Und den meist sehr gründlich, fast schon perfektionistisch, auf alle Fälle beharrlich und aus sich motiviert. Als gute Planer gibt es bei ihnen selten unangenehme Überraschungen. Sie geben gute Führungspersonen ab, da ihre Empathie andere motivieren kann.

Wo Introvertierte aufpassen müssen

Auch wenn sie um ihre Stärken wissen, geht nicht jeder Intro selbstbewusst damit um. Oder er lässt sich zu oft, gerade im Job, von lautstarken Selbstdarstellern in die zweite Reihe drängen. Wenn du introvertiert bist, ist es gut, diese Stolperfallen zu kennen – und wie man mit ihnen umgeht:

  • Bescheidenheit: Ist grundsätzlich keine schlechte Sache, oft sagt man sie Intros nach. Expertin Heintze meint dazu: Einem Introvertierten, der zu sich steht, nützt die echte Bescheidenheit dadurch, „dass er seine Lebensaufgabe und seine Berufung durch seine eigene innere Motivation findet und sie auslebt, ohne andere in seinem Umfeld damit beeindrucken zu wollen.“ Nur wer das, was ihn ausmacht, noch nicht als Stärke erkannt habe, sei oft unzufrieden und womöglich auch unfreiwillig einsam.
  • Innerer Kritiker: „Die eigenen Gedankengänge und Entwicklungen im Leben selbstkritisch zu untersuchen ist durchaus positiv“, sagt die Expertin. Nur wenn ein Intro dann seine eigene Kompetenz infrage stellt, ist das schlecht. Also: Selbstkritik: ja, Selbstzweifel: nein. Introvertierte müssten vor allem lernen, ihr Bauchgefühl von ihrem inneren Kritiker (der lähmend agiert) zu trennen.
  • Mangelndes Selbstvertrauen: Gut, ein aufgeblasenes Ego wird ein Intro sich niemals antrainieren können. Doch ein bisschen kann man es schon stärken. Allein über die Körpersprache – aufrecht stehen, lächeln, ruhig atmen, mit festem Händedruck – lässt sich viel tun. Und beispielsweise die Angst vor Small Talk, wegen der viele Intros in Gesellschaft lieber schweigen, lässt sich überwinden. Anne Heintze rät Small-Talk-Anfängern: „Schau dich um und bezieh dich auf das, was du jetzt im Moment siehst. Du musst also nie lange nach Gesprächsthemen suchen.“

Wer tiefer ins Thema einsteigen mag: Der Ratgeber „Auf die leise Weise“ von Anne Heintze gibt noch viel mehr gute Tipps.

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