10. Mai 2017 von Jasmin Newman

Was ist dran?

Schlecht drauf durch die Pille

Kann die Pille einen wirklich so aus der Bahn werfen? Schwedische Forscher klären endlich auf.

Die Angst vor Hormonen

Eine Frage, die sich jede Frau mindestens einmal im Leben stellt, ist: Welches Verhütungsmittel soll ich verwenden? Das Angebot ist umfangreich: Vom Kondom, Verhütungsring über das Hormonimplantat oder –Pflaster bis hin zu den eher unsicheren Temperatur- oder Knaus-Ogino-Methoden. Laut des letzten veröffentlichten Österreichischen Verhütungsreports von 2015 nehmen 38 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter die Pille. Im Vergleich dazu, 2012 waren es noch 45 Prozent. Experten begründen den Rückgang, der sich auch weit über die Grenzen abzeichnet zum Teil mit „Hormonangst“. Mögliche Nebenwirkungen wie ein erhöhtes Thromboserisiko, insbesondere bei Nikotinkonsum, Wassereinlagerungen, Migräne, Bluthochdruck oder Gewichtszunahme schrecken viele ab, werden allerdings von Ärzten und Apothekern als sehr gering eingestuft.

Studie gegen Negativ-Berichte

Aber auch von Stimmungsschwankungen war immer mal wieder die Rede. Und wie weit die neben einer Lustminderung gehen kann, zeigt jetzt eine Studie von Forschern des Karolinska Institut in Schweden.

Auslöser dafür dürfte mitunter die im vergangenen Jahr gestartete Online-Bewegung #MyPillStory gewesen sein. Unter dem Hashtag teilten Frauen ihre negativen Erfahrungen. Nach Jahrzehnten der Mythen, die sich um die Pille rangen, wurden nun also endlich die tatsächlichen Auswirkungen auf Vitalität, Wohlbefinden sowie die Neigung zu Depression untersucht. 340 gesunde Probandinnen im Alter von 18 bis 35 wurden dafür über drei Monate beobachtet. Während eine Gruppe Pillen mit den Hormonen Levonorgestrel und Ethinylestradiol verabreicht bekam, waren es für die andere nur Placebo-Pillen. Dabei wussten nicht mal die beteiligten Ärzte welche Frau welches Präparat einnahm. Daher wurde auch allen zu einer anderen Verhütungsmethode geraten, wie Kondome, die sie gratis erhielten.

Ist die Pille so schlecht wie ihr Ruf?

Das Ergebnis am Ende der Testmonate war, eine Placebo-Gruppe die sich im Vergleich zu der mit Hormoneinnahme deutlich besser fühlte. Diese gaben an sich weniger schwungvoll und energiegeladen zu fühlen und meinten, ihr Verhalten und Emotionen weniger im Griff zu haben. Die Forscher stuften die gemessenen Unterschiede so ein, dass sie in dieser Größenordnung für die einzelne Frau spürbar sind. Und somit eine Erklärung sein könnten, warum so viele Frauen berichten unter Einnahme der Pille schlechter drauf gewesen zu sein. Zu den depressiven Symptomen konnte nichts Signifikantes festgestellt werden.

Zu erwähnen ist auch, dass die Studie hierzulande nicht vollkommen repräsentativ ist, da die Pille der 2. Generation verwendet wurde. Sie sagt nichts über neuere Medikamte der 3. und 4. Generation aus, die in Österreich und Deutschland, entgegen der Kritik von Krankenkassen viel zu häufig verschrieben werden. Das ist nämlich ein Zeichen dafür, dass zu wenig nach anderen Möglichkeiten gesucht wird und demnach keine persönliche Beratung stattfindet. In Schweden ist das ähnlich, nur wird dort das ältere Produkt empfohlen, das sie ein geringeren Thromboserisikos aufweisen.

Bittere Pille

Eine davon unabhängige Studie von JAMA Network, konnte nachweislich eine spätere Verwendung von Antidepressiva und die Diagnose Depression mit der Einnahme hormoneller Verhütungsmitteln in Verbindung bringen. Und auch ein Anfang des Jahres veröffentlichter Forschungsbericht von The Debrief „Mad about the pill“ (verärgert über die Pille) beschäftigt sich mit dieser These. Deren Aufzeichnungen zufolge gaben viele Frauen an, während dem Gebrauch der Pille einen Anstieg von depressiven Gefühlen, Angst und Panikattacken verspürt zu haben. Sie hatten allesamt aber den Eindruck von ihrem Arzt nicht ernst genommen zu werden.

In der Tat gibt es unzählige Studien, Artikel und Sammlungen von Einzelberichten. Es ist wichtig, dass Frauenärzte, Psychiater und Fachleute sorgfältiger darüber nachdenken bevor sie zum Rezeptblock greifen und ihre Patientinnen über die Nebenwirkungen der Anti-Baby-Pille aufklären. Oftmals bringen Frauen, die die Pille nehmen, ihr vermindertes Wohlempfinden nämlich gar nicht mit der Einnahme des Medikaments in Verbindung.

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