5. April 2017 von Janina Lebiszczak

Weltfriede durch Kendall Jenner: Geht’s noch, Pepsi?

Der neue Pepsi-Werbespot mit Model Kendall Jenner bringt gerade das Internet zum Glühen: Ein Star, der sich zu Aktivisten gesellt und die Polizei mit einem Softdrink auf Weltfrieden bürstet? Ieeeks.

Völlig klar. Große Konzerne mit jugendlicher Zielgruppe haben immer auf Trends gesetzt – und auf die Stars ihrer Zeit. Man muss ja am Puls der Zeit bleiben, man will – wie es im Werbejargon so schön heisst – die Leute abholen. Der Getränkemittelhersteller Pepsi, der bereits Ikonen wie Beyoncé oder Cindy Crawford engagierte, ist unserer bescheidenen Meinung nach aber  gerade einen ordentlichen Schritt zu weit gegangen.

Dieser Spot erhitzt gerade die Gemüter

Kontrovers: Der neue Pepsi TV Spot mit Kendall Jenner

Ja klar, ein Soft Drink für den Weltfrieden.

Die Aussendung des Konzerns zum neuen Spot liest sich noch harmlos: „2017 ist das Jahr, in dem Pepsi® die „Live For Now“-Momente („Lebe im Hier und Jetzt“) des Lebens feiert. Momente, wo wir entscheiden loszulassen, zu handeln, unserer Leidenschaft zu folgen und wo nichts uns zurückhält. „Jump In“, ein Kurzfilm mit Kendall Jenner, der diese Momente beschreibt, fängt den Geist und die Handlungen jener Menschen ein, die jeden Augenblick genießen.

Brause statt Blumen

Was aber sehen wir im Spot?  Man sieht junge Menschen, super nice, super divers, auf der Strasse protestieren (gegen was? Trump? Coca-Cola? ), sie sehen dabei gut aus, die Kamera schenkt jenen mit Kopftuch eine Sekunde länger, ebenso jenen, die so herrlich exotisch, aber bitte schön auch trendig aussehen. Auf den ersten Blick haben wir niemanden entdeckt der die LGBT-Community repräsentieren soll, aber wir klicken dann noch mal rein. Jedenfalls protestieren die jungen Schönen fröhlich, während Jenner gerade für Fotoaufnahmen behübscht wird. Dann aber erwacht die Rebellin in ihr, sie entledigt sich ihres Haarteils und gesellt sich zu ihren Schilder schwenkenden Freunden. Tanzi, Tanzi, Demo-Party. Tolle Musik. Die Pointe zum Schluss: Dem grimmig blickenden Polizisten drückt sie ein Dose Pepsi in die Hand, er lacht, ja er wird beim nächsten mal sicher keinen Demonstranten mehr niederknüppeln mit soviel lecker Brause im Magen. Wahrscheinlich wählt er sogar Sanders und bestellt einen Tesla.

Die sozialen Medien glühen vor Wut

Besonders die Black Community ist verärgert über den Spot:

Jane Dunnington, eine Aktivistin der AUSTIN BLACK LIVES MATTER Gruppierung macht ihrem Ärger in einem Forum Luft: „What BS– the pretty white chick gives the cop a Pepsi and it’s all good; everyone cheers?! Yeah, that fixed institutional racism.‘ was soviel heißt wie „Was für ein Mist, ein hübsches weißes Mädchen gibt einem Bullen eine Pepsi und alles ist gut? Alle jubeln?! Ja genau, so beendet man institutionellen Rassismus.“

Demonstrationskultur ist kein Lifestyle

Pepsi, ernsthaft: Demonstrationskultur ist kein Lifestyle. Jeder, der jemals für seine Rechte oder die von anderen auf die Strasse gegangen ist, fühlt sich von diesem Spot entwürdigt. Von allen Seiten wird die junge Generation derzeit bedrängt und in unseren Chancen in der Zukunft beschnitten. Erdogan da, Trump dort, die EU in der Krise, Frauenrechte werden ins Lächerliche gezogen, Schwule verdroschen – und ihr macht daraus einen schicken Werbespot? In den Siebzigern steckten Hippies Blumen in die Gewehre der Staatsbediensteten, das soll jetzt mit einer Dose Sprudel gelingen? Am bittersten allerdings macht uns aber der Vergleich, der sich aufdrängt. Wir erinnern uns an die Proteste in Baton Rouge, Louisiana als wiedermal ein Schwarzer ohne Grund von einem Polizisten ermordet wurde? Damals kam es zu Protesten – ein Bild erinnert uns immer daran: An das der Menschenrechtlerin Leshia Evans, wie sie friedvoll und voller Würde vor schwer aufgerüsteten Staatsdienern steht, die sie in der nächsten Sekunde „abführen“ werden. Ob Evans mit einer Dose Pepsi mehr Erfolg gehabt hätte? Ein Hohn.

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