Guter Sex heißt auch, Sex-Talk zu üben.
3. August 2016 von Mareike Steger

Ohne Sex-Talk geht es nicht

Mach doch mal den Mund auf! Das soll jetzt keine Aufforderung zu einer sexuellen Praxis sein, sondern dazu, über Sex zu reden. Auch wenn dir Sex-Talk peinlich ist. Denn nur so holst du dir mehr Befriedigung ins Bett.

Warum uns Sex-Talk so schwerfällt

Wenn Woody Allen über Sex spricht, ist das witzig. Siehe seine brillante Komödie „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“. Wenn wir über Sex reden, ist das peinlich. Sofern wir uns überhaupt trauen. Warum eigentlich?

„Nun, einfach reden ist meist nicht das Problem“, sagt der Wiener Sexualberater Dieter Schmutzer. „Schwierig ist für viele das ernsthafte Gespräch über sexuelle Themen. Da geht es nämlich um Intimität, um ganz eigene Wünsche und Bedürfnisse. Häufig spielt Scham eine Rolle oder Angst, sich bloßzustellen oder sein Gegenüber zu verletzen – weil er oder sie sich missverstanden/gekränkt/kritisiert fühlen könnte.“ Manchmal fehlen uns auch die richtigen Worte.

Doch wer den Mund nicht aufkriegt und nur durch Körpersprache zeigt, was (nicht) gefällt, wird am Ende unzufrieden. Falls der Liebste die Zeichen nicht richtig deuten kann, einigt man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner beim Sex. Gar nicht gut!

 

„Sprache ist – zum Unterschied von Körpersprache oder dem Gespür, nach dem Motto ‚Wenn er mich liebt, muss er doch merken …‘ – die einzige Form der Kommunikation, die unmissverständlich ist“, sagt der Experte. „Wenn etwas nicht klar ist, kann ich nachfragen, kann Worte suchen, so lange, bis wir einander verstehen. Das ist es, worum es letztlich geht: einander verstehen. Beim Reden über Sex schaffe ich Klarheit und Verständnis, lerne den anderen besser kennen und stärke das Vertrauen.“

Funkstille im Bett? Nicht gut. Nur wer den Sex-Talk pflegt, bekommt den Sex, den beide wollen.

Nun kann es durchaus heikel sein, dem neuen Lover zu sagen, dass er die Brüste nicht so unangenehm betatschen soll. Stimmt, bestätigt der Experte: „Es ist für viele ungewöhnlich, und manchmal hören oder sagen wir auch Dinge, die uns nicht so angenehm sind.“ Die Wiener Sexualcoachin Sandra Teml-Jetter ergänzt: „Wir kommen in einer Beziehung nicht umhin, über Dinge zu reden, die dem Partner keine Freude machen, für uns selbst aber existenziell sind.“ Das gilt auch für Langzeitbeziehungen: Hat man bis jetzt die Kurve nicht gekriegt und den Mund nicht aufgemacht, wird es Zeit.

Denn was ist das Schlimmste beim Sex-Talk, das passieren kann, Herr Schmutzer? „Frust, Ärger, Enttäuschung. Aber auch das trägt, wenn die Form respektvoll ist, zur Klarheit bei. Und zur Qualität jeder Beziehung – egal, wie sie sich danach entwickelt.“ Im Bett selbst sollte es allerdings nicht zu Grundsatzdebatten kommen. „Während intimer Handlungen kann ich allenfalls Wünsche vorsichtig äußern – grundsätzliche Fragen oder gar Probleme die gemeinsame Sexualität betreffend haben hier nichts verloren.“ Denn um über Sex zu sprechen, braucht es Zeit und Ruhe. Plus Ich-Botschaften, sagt Schmutzer, also Sätze wie ‚Was möchte ich?‘, ‚Was ist mir wichtig?‘, ‚Was stört mich?‘, ‚Was wünsche ich mir?‘ usw.

Das Leben, sagt Expertin Teml-Jetter, beginnt nun einmal am Rande der Komfortzone. „Über Sex reden zu können ist ein Zeichen von persönlicher Reife. Wenn frau Verantwortung für ihre Sexualität übernimmt, kann sich ein Paar den Sex so gestalten, wie ihn beide wollen. Der ist außerhalb der Komfortzone und entsteht durch Reden und Tun.“

 

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