10. März 2023 von Claudia Rejlek

Good vibes only?!

Zwanghaft gut gelaunt? Warum toxische Positivität ein Problem ist

Wer viel auf Social Media unterwegs ist, bekommt das Gefühl, dass alle immer happy sind bzw. selbst in schwierigen Phasen nur das Positive sehen, negative Gedanken werden verbannt. Klingt anstrengend? Ist es auch und noch dazu gar nicht gesund. Warum die sogenannte toxische Positivität zum Problem werden kann und uns eigentlich gerade auch negative Emotionen weiterbringen.

Das Gute an der Positivität

Positiv und optimistisch durchs Leben zu gehen ist grundsätzlich ja nicht verkehrt, denn eine positive Lebenseinstellung ist eine Voraussetzung für ein glückliches und erfülltes Leben. Laut Studien ist eine positive Grundhaltung zum Beispiel mit mehr Zufriedenheit, weniger Herzerkrankungen und einer insgesamt längeren Lebenserwartung verbunden. Daher mag es im ersten Moment etwas verwunderlich klingen, dass Positivität auch schlecht sein kann – nämlich dann, wenn sie uns dazu veranlasst, negative Gefühle überhaupt nicht zuzulassen, und damit der Druck einhergeht, einfach in jeder Situation positiv gestimmt sein zu müssen. In diesem Fall spricht man von toxischer Positivität.

Toxische Positivität erkennen

Bestimmt hast du schon in Situationen, in denen es dir nicht gut ging, von Freund:innen Sätze gehört wie „Es gibt Schlimmeres“, „Sieh es positiv!“ oder „Alles wird gut“. Das sind zwar gut gemeinte Ratschläge, sie helfen einem aber meist in der konkreten Situation nicht wirklich weiter. Viele Personen neigen dazu, krampfhaft immer nur das Positive zu sehen, egal wie belastend oder schlimm eine Situation ist. Jeder Rückschlag wird als Herausforderung verstanden, jede Krise als Chance, negatives Mindset wird schon im Keim erstickt: Zwanghaft wird immer das Positive gesucht und dadurch werden negative Gedanken und Gefühle unterdrückt. Ein klarer Fall von toxischer Positivität. Diese vermeintlich positive Lebenseinstellung hilft nicht dabei, mit bestimmten schwierigen Situationen oder Herausforderungen umzugehen, diese zu verarbeiten oder im Idealfall auch etwas daraus zu lernen, sondern entspricht lediglich der Erwartungshaltung der Gesellschaft, einfach immer gut drauf zu sein zu müssen.

Negative Gefühle zulassen

Eine toxische Positivität wirkt sich nicht nur unmittelbar auf unsere Freundinnen und Freunde, Arbeitskolleg:innen und Familie aus, die mit der „Good Vibes Only“-Haltung unter Druck gesetzt werden. Verdrängte und unterdrückte negative Gefühle können sich auch auf unsere mentale und körperliche Gesundheit auswirken. Viel gesünder und nachhaltiger ist es, alle Emotionen – also auch die negativen wie Trauer, Wut und Ärger – zuzulassen, zumindest für eine gewisse Zeit. Klar, irgendwann müssen wir die negativen Gefühle auch wieder überwinden. Und genau das unterscheidet auch die toxische von einer gesunden Positivität: Optimist:innen erkennen das Negative an einer Situation, gehen aber davon aus, dass diese ein positives Ende finden wird.

Empathie zeigen

Von außen ist es oft schwer zu beurteilen, wie es einer Person tatsächlich geht, deshalb empfiehlt es sich, anstatt vermeintlich gute Tipps zu geben besser mit einem verständnisvollen „Ich verstehe, dass du dich über die Situation ärgerst“ oder „Ich bin für dich da, wenn du mich brauchst“ zu reagieren. Denn wer mit aller Kraft versucht, glücklich zu sein oder negative Gefühle zu unterdrücken, und daran scheitert, dem geht es nachher noch schlechter als zuvor. Was also hilft, ist Empathie den anderen, aber auch sich selbst gegenüber zu zeigen und alle Emotionen zuzulassen. Nur so kommen wir weiter, können die negativen Gefühle überwinden und wieder zu einer positiven Lebenseinstellung zurückfinden.

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