Flaute im Bett: Wer keinen Sex hat, muss nicht verzweifeln
12. Mai 2016 von Mareike Steger

Kein Sex mehr – was tun?

Als Single klingt es schon furchtbar: Gar keinen Sex zu haben. Und als Paar? Hört es sich nach Bankrotterklärung an, nicht mehr miteinander zu schlafen. Aber muss das wirklich das Ende der Beziehung sein?

Wenn die Leidenschaft verloren geht

Frisch verliebt macht sich niemand Gedanken um sein Sexleben. Da läuft es von selbst gut im Bett. Doch je länger ein Paar zusammen ist, desto wahrscheinlicher wird eine Sex-Flaute. Dafür kann es natürlich auch handfeste Gründe geben: die Geburt eines Kindes, die ersten Monate der Elternschaft, eine Krankheit oder Operationen. Dann gefährdet fehlender Sex die Beziehung in der Regel nicht.

 

„Doch wenn der Sex, das Bindungsritual der erwachsenen Liebesbeziehung, nicht mehr aufgenommen wird oder wenn es nur mehr ‚Wartungssex‘, also Sex ohne Intimität, gibt, wird es problematisch“, bestätigt Sandra Teml-Jetter, Paarcoach und Sexualberaterin.

 

Bleibt der Sex aus, ist für viele ein Seitensprung die populäre Alternative: Laut Statistik gehen rund die Hälfte der Männer und 40 Prozent der Frauen in einer Beziehung fremd. Das muss aber nicht sein – ebenso wenig wie sich von der Beziehung ganz zu verabschieden. „Statt sich vom Partner oder der Partnerin zu trennen, ist es besser, sich von der alten Beziehung zu trennen, von alten Beziehungsmustern“, sagt Paarcoach Teml-Jetter.

 

Denn kein Sex ist ein Symptom für eine emotionale Verschmelzung: Über Jahre hinweg ist ein Partner mehr im Kopf des anderen, sagt mehr Ja zum anderen als zu sich selbst. „Wer den jeweils anderen – ungefragt – an erste Stelle stellt, es gut mit ihm meint, dem geht über kurz oder lang die eigene Identität und Integrität verloren. Dann hört der Sex auf.“ Nach dem Motto ‚DAS tu ich jetzt nicht mehr für dich!‘.“

Wer emotional derart mit seinem Sexpartner fusioniert ist, der muss sich besinnen. Auf sich selbst. „Der erste Schritt wäre eine ehrliche Selbstkonfrontation: Stelle dich deiner eigenen Unzufriedenheit und beschuldige nicht den anderen dafür, dass ihr keinen Sex habt“, sagt die Expertin. „Als Nächstes kommt die Selbstinventur – die wichtigste Frage dabei: ‚Was will ich eigentlich?‘ Wer sich und dem anderen das ehrlich eingesteht, kann in der Beziehung seine Bedürfnisse neu sortieren.“ Und damit den Sex zurückholen. Kein Sex muss also nicht das Ende der Beziehung sein.

Aus kein Sex kann auch wieder guter Sex werden

Sextherapeut Dr. David Schnarch geht sogar noch weiter: „Gar kein Sex oder auch nur schlechter Sex ist gut!“ Warum? „Weil wir so angetrieben werden, uns weiterzuentwickeln.“ Seiner Meinung nach sind sexuelle Probleme in einer Beziehung genau dafür da: Sie lassen beide Partner in ihrer Persönlichkeit wachsen. Und: Was Sex ausmacht, verändert sich mit dem Alter. Mit 20 haben wir andere Bedürfnisse im Bett als mit 40. Und auch die unterschiedlichen Aspekte von Sex, wie Erotik, Intimität oder Hemmungen, nehmen wir anders wahr.

 

Der Experte ergänzt: „Jeder Mensch hat dabei sein eigenes Level von sexueller Entwicklung.“ Der eine will mehr Erotik, der andere tiefere emotionale Verbundenheit bei der Verschmelzung, der Dritte mehr Experimentierfreude. „Stehen Sie für Ihre eigenen Wünsche gerade.“ Was auch bedeutet, sich unabhängig zu machen vom Urteil des Partners – und er muss auch nicht immer den ersten Schritt tun. Also: „Fokussiere dich als Paar nicht auf die Verschmelzung, sondern auf die Differenzierung“, sagt der Experte.

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