11. Mai 2018 von Verena Meixner

maxima im Talk

Im Interview: Der österreichische Rapper T-Ser

Wir haben den Rapper T-Ser vor seinem Auftritt beim Red Bull Music Festival im Wiener Prater getroffen und mit ihm über seine Musik, Rassismus und Fame gesprochen. Außerdem hat er uns erzählt, wie absurd die Reaktionen auf ein Musikvideo vor ein paar Jahren waren.

Mit T-Ser im Interview am Red Bull Music Festival 2018

Seit wann machst du Musik?

Ich hab mit 11 angefangen, Texte zu schreiben, also 2004, und die ersten zwei Jahre habe ich nur geschrieben und mit 12/13 wurde das dann mehr zur Musik. Weiß jetzt nicht, ob man das Musikmachen nennen kann, ist halt der erste Schritt zu Rap.

 

Und wie bist du generell zu Rap gekommen?

Meine Eltern haben immer schon Hip-Hop und Rap gehört, aber eigentlich bin ich durch Sidos erstes Album dazu gekommen. Ich hab vorher schon Deutsch-Rap-Sachen gekannt – Fanta 4, Fettes Brot und so –, aber da hat es mich noch nicht so gereizt, dasselbe zu machen. Aber bei Sido hab ich mir gedacht, dass das geil ist und dass ich das auch machen möchte.

Wie ist es zu deinem Künstlernamen gekommen?

Am Anfang hab ich mich Big T genannt.

 

Mit 11?

Ja, voll (lacht), und dann mit 14 hab ich mir dann gedacht, Big T … vor allem als ich dann durchs Internet realisiert hab, dass es wahrscheinlich 10.000 Rapper namens Big T gibt – das passt einfach nicht so. Dann hab ich mir einfach ein Englischwörterbuch gecheckt, bin die Wörter mit T durchgegangen, weil das wollte ich unbedingt dabeibehalten, das T, und auch dass man das T als Ti aussprechen kann, und dann hab ich „teaser“ gefunden und hab da auch die Bedeutung ganz geil gefunden.

 

Also hast du schon mit 14 Jahren gewusst, dass das genau das ist, was du machen magst?

Voll. Und jetzt 10 Jahre später denk ich mir immer noch, dass das passt.

Warum, glaubst du, kommt deine Musik so gut an?

Ich versuche in meiner Musik immer direkt zum Zuhörer zu sprechen, also keine Ahnung, ich gebe immer mein Bestes, dass die Leute wirklich verstehen, was ich meine mit dem, was ich sage. Mir kommt vor, viele Rapper leben in ihrer eigenen Rap-Blase, und ich versuche, meine Gedanken straight den Zuhörern zu vermitteln.

Wer oder was sind deine Inspirationen? Eher lokale Homeboys oder internationale Größen?

Beides, also meine Freunde inspirieren mich und beeinflussen mich, aber auch so Leute wie J. Cole. Das ist so der Rapper, mit dem ich mich am meisten identifizieren kann, irgendwie. Ich hab alle Alben und kenn die auch komplett auswendig. Ich hör von Afro Beats bis R’n’B, Trap, Rap, Hip-Hop – sagen wir, einfach alles, was irgendwie Black Music ist, hat seinen Influence auf mich.

Gibt es auch Female Rap Artists, die du zu deinen Favoriten zählst?

Eunique und Ace Tee aus Hamburg feiere ich beide voll. Ich feiere auch Cardi B zurzeit hart. Sie macht ihr Ding, ist dope, das ist das Wichtigste.

Du thematisierst oft Rassismus in der österreichischen Gesellschaft – du bist ja in Salzburg aufgewachsen, würdest du sagen, dass das einen Unterschied zu Wien, einer Großstadt, macht?

Ja, voll. Für Leute in Salzburg ist das einfach immer noch so ungewohnt, ich fühle mich dort so, als würde ich nicht passen – auch wenn es nicht hateful ist, man wird angestarrt. Je weiter man aufs Land rauskommt, umso schlimmer wird’s. Ich denke aber auch, dass mich das abgehärtet und meinen Charakter gestärkt hat. Ich glaub halt, so eine Experience macht dich auch einfach einfühlsamer, und ich weiß auch, dass ich dadurch weltoffener bin und weniger Vorurteile gegenüber anderen Menschen hab, weil ich genau weiß, wie es ist, gejudged zu werden. Wien ist da zwar besser, was das betrifft, aber im Vergleich … Ich bin ein Viertel Schwede und war als Kind auch im Sommer oft dort, und dort hab ich viel weniger Schwarze gesehen und die Menschen waren trotzdem toleranter irgendwie. Da ist Österreich schon noch hinten geblieben. Wenn man jünger ist, ist das halt auch schwieriger, weil man durch Schule und so gezwungen ist, sich in Environments zu bewegen, die man sich nicht aussuchen kann, und mittlerweile kann ich mir meinen Umkreis schon aussuchen und deshalb ist das nicht mehr so ein großes Problem für mich.

Der Kokaina Remix Marijuana ist damals auch in Deutschland viral gegangen, hast du damit gerechnet, dass das so abgehen wird?

Ehrlich gesagt schon ein bisschen. Was genau passiert, weiß man vorher ja nie. Ich hab das jetzt nicht gemacht mit der Intention, dass das ein Hit wird, schon aus Spaß einfach, aber dann, wie der Track fertig war, hab ich mir gedacht, dass könnt gut abgehen.

 

Und da hast du dir dann gedacht, dass ist es jetzt und das ist fertig?

Ja, bei dem Track ist ja im Endeffekt das Arrangement vom Original übernommen, von dem her war da jetzt nicht die Thematik gegeben, ob das fertig ist oder nicht. Aber allgemein was man am meisten lernen muss, ist, Sachen fertig zu machen. Jeder Künstler ist, glaube ich, bei dem, was er macht, sehr perfektionistisch und Perfektionismus kann auch ein Hindernis sein. Ich weiß nicht, wie viele Tracks ich geschrieben habe, die nie jemand gehört hat, weil es das einfach nicht 100 % war. Auch wenn man nicht zu 100 % zufrieden ist, und man ist nie zu 100 % zufrieden, dann muss man das trotzdem mal einfach raushauen.

Machst du deine Musik eigentlich von vorn bis hinten selbst? Wie ist der Arbeitsprozess generell für einen neuen Track?

Manchmal hab ich schon die genaue Idee, was rauskommen soll, und teilweise schreib ich auch drauflos, hab einen Beat oder so. Ich versuch da auch immer, andere Herangehensweisen zu finden. Momentan produziere ich gerade mit Jerry Diamond, aber ich bin so gut wie immer dabei, wenn er produziert. Ich bin nicht so der Geek, was Producerprogramme betrifft. Ich sitze dann nur daneben und gebe meinen Senf dazu.

Was steht bei dir in der nächsten Zeit so an?

Einige Singles. Ich will dieses Jahr noch mindestens zwei Tapes droppen, die sind gerade am Fertigwerden, und wir haben auch gerade ein Musikvideo mit Sidney fertig gedreht. Ich hab noch nicht das Releasedate, leider, und eine neue Single kommt im nächsten Monat. Das Tape dann im Hochsommer.

Was hat sich geändert, seitdem du bekannt geworden bist?

Es hat sich schon einiges verändert, man wird auf der Straße erkannt. Das Ding ist, ich rappe ja, seit ich 11 Jahre alt bin, und das ist immer das, wovon man geträumt hat. Es ist bei mir ja nicht über Nacht gekommen, dass ich mir denk, „Oha, das überfordert mich jetzt“, sondern es ist so day by day mehr geworden. Deshalb kann ich damit auch ganz gut umgehen und das schätzen. Aber man lebt ja immer noch ein normales Leben. Das Weirdeste ist, wenn Leute dich anschauen und man weiß nicht, warum sie einen anschauen. So Leute, wo du dann irgendwann realisierst, dass die dich vielleicht wegen deiner Musik kennen und sich nicht trauen, was zu sagen, und dann stehen die einfach da und starren dich an.

Was ist das Lustigste, was du über dich gelesen hast?

Boah, lass mich kurz nachdenken – ich hab schon so viel Scheiß über mich gelesen.
Ich habe einmal mit DemoLux einen Track herausgebracht – wie gut oder schlecht die Idee war, sei dahingestellt –, wo wir CDs von Rappern, die wir nicht so gut fanden, verbrannt haben, und danach ist im Internet so ein Shitstorm ausgebrochen, wo die Leute gemeint haben, wir sind Nazis.

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