Tracht Mode
13. September 2017 von Janina Lebiszczak

Warum Tradition wieder cool ist

Die Macht der Tracht

Kirtage, Wiesn-Feste, Zünftiges und Traditionelles: Tracht ist wieder schick und das Dirndl supersexy. Wir haben uns das Phänomen näher angesehen.

Es ist September, und wir müssen uns dem stellen: Selbst moderne City-Girls schmeißen sich derzeit lieber ins zünftige Dirndl als ins kleine Schwarze – immerhin locken unzählige Festivitäten, die man nur in Tracht bestreiten kann. Ob Kirtag, Feuerwehr-Halligalli, Jägerbalzball, Oktoberfest oder Wiener Wiesn – plötzlich naschen alle mit Emphase Lebkuchenherzen und Stelzen statt Sushi und Avocado-Brot.

Tracht

Tanzen zu Schlagermusik auf Bierbänken, obwohl sie sonst nur Elektronisches an ihre Gehörgänge lassen. Am besten ist das Revival des Traditionellen an der Mode zu bemerken: Wie viele Dirndl-Designer gibt es bitte plötzlich? Was mit den kultigen Stücken der Steiererin Lena Hoschek begann, hat mittlerweile auch die Billigmodeketten erreicht. Dort ein Samtherz-Shirt, da ein Mini-Dirndl, ein paar Stutzen für den Liebsten oder Shorts in Lederhosen-Optik – und sogar Blumenkränze regnet es mehr als in den wilden Siebzigern. Altvaterisch zu sein scheint plötzlich ultraschick.

Tracht macht glücklich

Sogar die Wissenschaft hat sich des Themas bereits angenommen. Die Münchner Ethnologin Simone Egger versucht sich in ihrem Buch „Phänomen Wiesntracht“ an einer Erklärung: „Heimat spielt dabei eine gewichtige Rolle, beständig zur Sprache kommen Tradition und Authentizität. Was aber führt zu einem derartigen Phänomen?

Tracht

Aus welchen Gründen sind zu Beginn des 21. Jahrhunderts im urbanen Raum Dirndl und Lederhosen angesagt? Und welche Faktoren wirken auf die Besucher und ihr Festgewand?“, fragt sie und antwortet sogleich: „Die Wahl derart besetzter Kleider scheint nicht allein modischer Trend, der Diskurs um Dirndl und Lederhosen vermag auf tiefergehende Befindlichkeiten der Akteure zu verweisen. Vor den Augen einer globalen Öffentlichkeit werden die Identitätspraxen einer urbanen Gesellschaft zum lokalen Spezifikum, das Phänomen Wiesntracht nimmt Bezug auf die Entwicklungen einer spätmodernen Stadt.“

Die Sehnsucht nach den Wurzeln

Wir dürfen das übersetzen: Globalisierung und Vernetzung lassen uns oft überfordert zurück, in der Tracht und an der Tradition halten wir uns fest. Alles wird schneller, also bleiben wir stehen – und umgeben uns mit den Insignien der guten, alten Zeit. Das bestätigt auch „Wiener Wiesn“-Leiterin Claudia Wiesner im Interview:

„Seit einigen Jahren erleben Tracht und Brauchtum in unserer Heimat ein Revival. Das mag viele Gründe haben, hängt aber mit Sicherheit auch damit zusammen, dass es mit der Schnelllebigkeit der Welt, in der wir leben, der Globalisierung, der ständigen Erreichbarkeit und Veränderung einen Gegenpol braucht, nämlich die Regionalität. Und dazu gehört bestimmt die Sehnsucht und Besinnung auf traditionelle Werte und Wurzeln unseres Landes. Und so kommt’s dann auch zur Neuentdeckung der Liebe zur Tracht: Man ist stolz darauf, wo man herkommt, und zeigt das auch – da gehören modische Dirndln und knackige Lederhosen einfach dazu.“

Schönheit im Dirndl

Doch: Ob das Trachten-Gewand nun aus Tradition, aus modischen Motiven oder als Statement getragen wird, ob man’s flippig-unkonventionell oder brav und althergebracht mag – jeder, wie er mag. Denn eines steht über jedem Trend: In einem Dirndl sieht wirklich jede Frau einfach umwerfend aus – und sich schön zu fühlen und eine Auszeit vom Alltag zu nehmen ist niemals etwas Schlechtes …

 

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