Mutterliebe
22. Mai 2017 von Janina Lebiszczak

Mensch, Mama!

Einfach mal Danke sagen: Unsere Redakteurin denkt laut über Mutterliebe nach.

Unlängst habe ich den Frauenarzt gewechselt. Da hat man beim Erstgespräch ja ganz schön was zu erzählen. Vor allem ich habe ganz schön was zu erzählen, denn mein etwas konfuser Hormonhaushalt hat stets für jede Menge Abwechslung in meinem Leben gesorgt. Nichtsdestotrotz ging es um eine völlig pragmatische Information, die ich der Ärztin zukommen lassen wollte, als ich die Historie meines Fortpflanzungsapparates Revue passieren ließ. Die Information lautet – auch im Hinblick auf die für mich geeignete Verhütung: „Kinderwunsch habe ich keinen.“ Oder „keinen mehr“. Oder so. Schnell ein Katzenwitz.

Es ist etwas anderes, wenn du das zu einem Arzt sagst, als wenn du dich einer Freundin mitteilst, finde ich – eine Situation oder Entscheidung fühlt sich bei einem Arzt gleich viel offizieller an. Später ruderte ich ein wenig zurück, wahrscheinlich einfach weil es sich nicht gehört, so etwas zu sagen. Es klingt ein bisserl kalt, und es klingt so, als würde man sich gleichzeitig etwas gönnen und auch nehmen. Aber definitiv ist es ein Schritt heraus aus einem Gesellschaftsmodell, das sich über viele, viele Jahre etablieren konnte. Doch ich möchte heute nicht über meine niederkunftsfreie Deklaration schreiben, das hab ich schon oft genug getan, ich möchte über Mütter schreiben. Und das ist gar nicht so leicht.

 

 

Hoch die Tassen, heute gibt’s Hormoncocktail!

Mutterliebe, und ich kann da natürlich nur aus meiner Erfahrung sprechen, ist weitaus weniger dramatisch, weniger temporeich als Vaterliebe. Die Beziehung zu meinem Vater hatte etwas sich gegenseitig Glorifizierendes, etwas sehr Leidenschaftliches – man ist ganz begeistert voneinander irgendwie. Meine Mutter war einfach immer da. Wie ein leiser Wind, der immer weht. Etwas, das dich umhüllt. Etwas, das größer ist als das eigene Ego. Natürlich: Rein pragmatisch betrachtet, ist Mutterliebe erst mal ein Instinkt. Der Nachwuchs will beschützt, der Fortbestand der Menschheit gesichert werden. So viel zur Biologie und zu dem irrwitzigen Hormoncocktail, den die Natur gerade am Anfang in Mütter reinpumpt.

Mutterliebe

Nicht alle Mütter sind … Mütter

Mir gefällt ja die Idee, Mütter zu feiern. Aber dieses gestelzte Getue darum, dieses abkopierte Runterzelebrieren bei Torte, Blumen und Sekt, wie am Muttertag, das mag ich nicht. Alles hat Herzform, und alles kauft Parfums und reserviert im Voraus in schicken Restaurants. Liebt euch, jetzt sofort – und seht dabei festlich aus. Fast wie ein innerfamiliärer Valentinstag mitten im Mai, außen hui, innen aber oftmals schal. Vielleicht ist aber es auch nicht jede Mutter wert, gefeiert zu werden. Vielleicht gibt es ja auch einige, die bloß Kinder bekommen haben, aber nie eine Mutter geworden sind. Lieblosigkeit wird von Generation zu Generation weitergegeben, haben Wissenschaftler entschlüsselt. Mühelos kann man den eigenen Kindern nur geben, was man selbst bekommen hat, vermutet man.

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Hey, du: Danke.

Und beim Weitergeben von Stärke geht es nicht darum, dass man immer einer Meinung ist mit dem Muttertier. Dass man vom selben Schlag ist oder zumindest ähnliche Wertvorstellungen hat. Dass immer alles perfekt läuft. Die Beziehung zur eigenen Mutter kann durchaus schmerzvoll – und ich vermute stark: Muttersein kann manchmal teuflisch anstrengend – sein. Ist sie aber von Liebe geprägt, reiner, ungeschminkter Liebe, kann nicht viel passieren.

Wahre Mutterliebe ist der Ursprung von Mitempfinden, Mitleid, partnerschaftlicher Liebe zwischen Erwachsenen und auch aller Formen von gutem sozialem Miteinander. Ich hatte Glück. Ich habe vor knapp 42 Jahren eine Mutter erwischt. Kein perfektes Wesen, sondern einen Menschen, einen Menschen, der mich liebt. Und mich dadurch zu einem Menschen gemacht hat, der selber lieben kann und geliebt wird. Zu jemandem, der mit anderen mitfühlt, zu jemandem, der sich aus ganzem Herzen freuen kann. Weil da immer dieser Wind weht. Weil ich immer gut umhüllt bin, egal wo ich bin, egal, was ich treibe – für immer. An dieser Stelle: Danke, Mama.

Ich glaube nicht, dass ich das Muttersein verrate, weil ich keine Kinder bekommen habe und keine bekommen möchte. Ich glaube nicht, dass ich „da“ nicht mitreden kann. Ich glaube einfach, dass es einzig und allein die Liebe einer Mutter ist, die diese Welt nicht entgleisen lässt.

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