Menstruation
19. Mai 2017 von Janina Lebiszczak

Ruhig Blut: Wie „Menstrual Leave“ und „Free Bleeding“ das Frausein enttabuisieren

Free your Unterleib! Mit dem öffentlichen Aufruf zu Urlaub für Regelschmerz-Geplagte und der „Free Bleeding“-Bewegung wird das Thema Menstruation endlich von Ekel und Scham befreit.

Kennt ihr die Drummerin Kiran Gandhi? Die Frau mit dem bedeutenden Namen setzt sich seit Jahren für feministische Grundwerte ein. Ihr Bekanntheitsgrad explodierte, als sie 2015 den London Marathon lief – ohne Tampon oder Binde, obwohl sie ihre Tage hatte. Die Aktion war nicht geplant, trotzdem ist Kiran seitdem die Frontfrau der „Free Bleeding“-Bewegung. „Es wäre viel zu unbequem gewesen, sich so viele Meilen lang Gedanken um einen Tamponwechsel zu machen“, sagt sie. „Auf der Marathonstrecke kann Sexismus besiegt werden – wo das Stigma der weiblichen Periode irrelevant ist. Ich lief mit Blut an den Beinen für die Schwestern, die keinen Zugang zu Tampons haben, und für die Schwestern, die ihre Periode trotz Krämpfen und Schmerzen verstecken und so tun, als gäbe es sie nicht. Ich lief, um zu sagen: Sie existiert und wir leben damit.“

Lass laufen, Schwester!

Jetzt – Pardon! – schwappt die Freiblut-Bewegung auch langsam zu uns herüber. Und der geht es nicht darum, alles um uns herum anzusauen, sondern das Stigma, das Tabu zu zerstören, das der natürlichsten Sache der Welt auch 2017 noch anhaftet. Ja, huch: Wir bluten ein Mal im Monat – und ja, das steht im direkten Zusammenhang damit, dass wir Babys produzieren können. Warum erwachsene Männer (und leider auch manche Frauen) sich vor dem bisschen Blut derart grausen, ist nicht nachzuvollziehen. Im Grundsatz bedeutet „Freie Menstruation“ eigentlich nur, seinen Körper so gut zu kennen, dass man die Intervalle, in denen das Blut während der Periode kommt, einschätzen kann und einfach nur auf die Toilette gehen muss, um es loszuwerden. Es ist kein Aufruf dazu, sich schon wieder den schönsten Slip zu ruinieren. Es ist ein Aufruf dazu, sich nicht blöd anblöken zu lassen – wie hier von den australischen Comedy-Girls von „Skit Box“ wunderbar auf den Punkt gebracht!

Radikale Enttabuisierung

Ähnlich verhält es sich bei der Diskussion um den „Menstrual Leave“: Bis zu drei Tage bezahlten Urlaub erhalten in Italien betroffene Frauen künftig bei schweren Regelbeschwerden. In Japan ist ein diesbezügliches Gesetz seit 1947 in Kraft. Viele Frauen nehmen diese Auszeit jedoch nicht in Anspruch, aus Scham und Angst: Alle Arbeitskollegen wüssten so, wann man seine Periode hat – und es hagelt blöde Bemerkungen, erzählen die Japanerinnen. Vielleicht hilft wirklich nur eine radikale Enttabuisierung des Themas. Ja, ich habe meine Tage, ja, ich blute, ja, es tut weh – das auszusprechen stößt vielleicht nicht gleich auf ein positives Echo, aber wie soll man sonst der Tatsache gegensteuern, dass in unserer durchgestylten Welt Körperflüssigkeiten unwillkommene Nebenwirkungen des Alltags sind? Warum sollen wir uns für unseren magischen Körper schämen? Die Hashtags #periodpositive und #freebleeding stellen jedenfalls einen Anfang dar. Immerhin gibt es noch genügend Länder, in denen Frauen als unrein gelten, wenn sie bluten. Tampons und Binden werden in Österreich besteuert wie Luxusgüter. Und das muss dringend ein Ende finden. Free your Unterleib!

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