Damenerguss Janina Lebiszcak
20. Mai 2016 von Janina Lebiszczak

20 – das war eine erfolgreiche Zeit

Vor zwei Jahrzehnten war Damenerguss-Kolumnistin Janina Lebiszczak zwei Jahrzehnte alt. Erwachsen ist sie heute immer noch nicht.

1995. Alanis Morissette

brachte ihr Album Jagged Little Pill heraus und beeindruckte mich tief. Vor allem das Lied Isn’t It Ironic, im Nachhinein eine gute Vorbereitung auf das, was noch kommen sollte. Die Botschaft: Das Leben hält sich an keine Spielregeln.

Ansonsten grauenhafte Charts: Scatman John, Cotton Eye Joe, La Bouche. Forrest Gump gewann viele verdiente Oscars. Der Wonderbra kam auf den Markt, und plötzlich hatte ich oben herum Konkurrenz. Bill Clinton war Präsident der USA, zu diesem Zeitpunkt wollte er vielleicht noch keine Zigarren in üppige Praktikantinnen befördern – aber wer weiß das schon genau. Die EU nahm Österreich auf. Mötley- Crüe-Schlagzeuger Tommy Lee heiratete Pamela Anderson, der allererste Promi-Porno (auf VHS!) entstand in den Flitterwochen. Was noch? Oh ja: Die Girlie-Mode. Eine Demütigung. Bauchfrei. Plateaustiefel. Geh bitte.

Vielleicht rettete ich mich

auch deshalb in eine – wie meine Mutter es beschrieb – Altkleidersammlungsphase. Aus meiner Perspektive betrachtet war ich allerdings eine Kosmopolitin im Poncho. Und meine beiden Begleiter ebenso.
Cordhosen mit Schlag, Hemden aus dicker Baumwolle, buntes Klimperzeugs. Unsere Art, sich vom Döblinger Establishment zu distanzieren. Kiffen statt Kaviar, Che statt Champagner. Nur dass sich unsere Höhle im todschicken Dachausbau einer Villa befand. So ganz konsequent waren wir nicht in unserem Protest. Wir lauschten Jamiroquai, nicht der Internationalen. Mit einem der beiden jungen Männer pflegte ich eine eher glücklose Liaison – das lag daran, dass wir einander einfach nicht unbedingt gefielen. Aber wir kamen gut aus – und das reicht mit 20.
Eine Lektion aus diesem Jahr: Wenn du nicht überzeugt bist, geht’s auf Dauer nicht gut. Aber: Das ist mit 20 egal, denn man hat ja alle Zeit der Welt. Trotzdem war ich gekränkt, als er eine Neue hatte, und schlief daraufhin konsequenterweise mit seinem besten Freund. Eine andere Lektion: Rachesex ist nichts Tolles.

Sonst tat sich in der Liebe

(die mit 20 noch keine ist) nicht viel, bis auf Sperrstundschmusen in verrauchten Bars. Ich schrieb für eine Stadtzeitung, fühlte mich bald bestätigt. Verhaltensoriginelle Kollegen, viele Freunde, die meisten wussten nicht, was sie taten. Detto ich – und ich weiß es bis heute nicht immer. Aber ich habe eine Vorstellung davon, was ich kann und wie ich gerne leben möchte. Ich bin mittig und selbstsicher, natürlich auch etwas angeschlagen. 20 – das war eine aufregende Zeit, eine sorglosere Zeit bestimmt.
Aber um wieder zurück zu Alanis Morissette zu kommen. Die sang „You live you learn, you love you learn, you lose you learn“. Das stimmt – und es geht immer so weiter.

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